Antiquariat Büchel-Baur

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Weitere handschriftliche Einträge

 

 

Bl. 95 verso unten ein weiterer zeitgenössischer handschriftlicher Eintrag:

 

                             De dipsade divae Lucretiae Borgiae

                             Dipsas eram: sum facta tago dum proluor aurum

                             Ludat ut in nostro Borgias orbe manus

 

Die Schlangenexistenz der göttlichen Lucretia Borgia Ich war Schlange, ich bin zu einer Schlangenexistenz gemacht worden; solange ich so verwendet werde, berühre ich Gold, damit in unserem Erdkreis die Hand der Borgias spielen kann.

 

Der Text spielt vielleicht auf Lucretias erste Ehe mit Giovanni Sforza an, der eine Schlange im Wappen trug, und evtl. auf einen Goldring mit diesem Schlangenmotiv. Heirat wäre dann als politisches Mittel der Machtausübung gesehen.

Solche spielerisch-verrätselten Texte waren eine Modeerscheinung der Zeit und auch in den Künstlerkreisen um Lucretia gern angewandt. S. Schüller-Piroli bringt zwei weitere Beispiele (S. 126 und 128/9): Zum einen Strozzis Epigramm "Ad Bembum de Lucretia", in dem er mit dem Namen der Fürstin spielt ("Lux" - "Retia", in unserer Ausgabe S. 147 recto, Zeile 2) und zum anderen eine Münze, die in einem allegorischen Bild und verrätselten Buchstabenkombinationen wahrscheinlich eine Huldigung an Lucrezia darstellt. Das Dypsade-Distichon schließt an eine Reihe ähnlicher Texte des älteren Strozzi an (S. 146 verso), der erste ebenfalls überschrieben mit "De dypsade divae lucretiae borgiae".

 

 

 

Im Inhaltsverzeichnis /Fol. A III verso) ist in der gleichen Hand wie der Zweizeiler ein Verweis auf dieses nachgetragene Gedicht mit Seitenzahl angebracht sowie ein weiterer Hinweis:

 

                                In Saxum paraenetice in ultima charta.

 

Der bedeutet sicherlich, dass dieses Gedicht in:

 

Hercules Strozza, In Saxum paraenetice, Ferrara: Laurentius de Rubeis, nicht vor 1499 [BSB/Inc. S-600; BMC VI, 614]

 

auf dem letzten Blatt abgedruckt worden war.

 

  1. An dieser Stelle sei Frau Prof. Dr. H. Spilling von der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart herzlich gedankt für die Transkription und Übersetzung der handschriftlichen Texte sowie für Hilfe bei der Literaturbeschaffung.